SPIEGEL ONLINE dazu:
Am Montag um 10 Uhr sollte es losgehen. Die Müllers, Schröders und Häberleins Deutschlands standen in den Startlöchern für die Registrierung ihrer ganz persönlichen Domain mit zwei Pünktchen. Die Registrar-Unternehmen, die Mitglieder des Domain-Vergebers Denic sind, konnten ihre Wünsche per E-Mail an die Organisation weiterleiten - eine Mail-Bomb mit Einladung sozusagen. Wie der laufend aktualisierten Denic-Statistik zu entnehmen war, gingen schon in den ersten Stunden Hunderttausende Anfragen nach Umlaut-Domains ein. Besonders beliebt waren wohl potenziell profitable Namen wie Börse.de oder Anwälte.de. Die neuen Namen sind dank eines erweiterten Zeichenstandards möglich, der Internationalized Domain Names (IDN) heißt, und mehr Symbole als der gute alte ASCII-Zeichensatz erlaubt.
Vergeben wurden die Domains nach dem Prinzip "wer zuerst kommt, mahlt zuerst", alle Provider hatten also ein starkes Interesse daran, möglichst weit vorn in der Schlange zu stehen. Ob es an der Überfülle der Anfragen lag, ist noch unklar, jedenfalls hielt der Denic-Mailserver über den die Registrierung abgewickelt werden sollte, nur eine gute Minute lang durch. "Nach ungefähr 70 Sekunden ging so gut wie gar nichts mehr", berichtet Winfried Haug von einem Denic-Mitglied. Alle danach eingegangenen Anträge mussten erneut geschickt werden. Erst um 15 Uhr nahm man den Registrierungsprozess wieder auf, mit einem Backup-System. Der Zeitgleich an den Start gegangene Schweizer Service Switch hatte mit ähnlichen Sorgen zu kämpfen.
Was genau mit dem Server schief lief, wird noch geklärt, verspricht Denic-Sprecher Klaus Herzig. Am Ansturm könne es eigentlich nicht gelegen haben, in der vergangenen Woche seien schon Belastungstests gelaufen, "wir haben uns vorher Gedanken gemacht, womit wir rechnen müssen."
Der abgestürzte Server war aber nicht das einzige Problem. Verschiedene Denic-Mitglieder beschweren sich seit gestern heftig auf der internen Mailingliste. Der Grund: Einige der digital signierten Antrags-E-Mails wurden vom System nicht akzeptiert. Und das, wie Winfried Haug berichtet, obwohl E-Mails des gleichen Formats sowohl vom Test-System von Denic als auch von der herkömmlichen Registrierung für Seiten ohne Umlaute akzeptiert wurden. Das Livesystem habe andere Informationen gewollt als das Testsystem, beschwert sich auch ein anderes Denic-Mitglied, das ungenannt bleiben will. Auch der Provider Clara.net hatte mit dem gleichen Problem zu kämpfen, "so um 15 Uhr kam dann aber ein Anruf, der die Sache geklärt hat", so PR-Managerin Petra Tursky-Hartmann. "Wir prüfen noch, ob der Fehler bei uns oder bei der Denic lag", erklärt Winfried Haug.
Denic: Server am Boden
Der Ärger der Mitglieder ist verständlich: Eine nicht akzeptierte E-Mail könnte den einen oder anderen in der Schlange kräftig zurückgeworfen haben - "und da ist müller.de und schröder.de dann natürlich weg", so Haug. Für die Provider ist mit solchem Pech nicht nur Ärger, sondern auch handfester finanzieller Verlust verbunden, denn etwa für die Domain börse.de wird wohl einiges gezahlt werden müssen. Sollte sich eine Benachteiligung einzelner Provider nachweisen lassen, wäre eine Klage kaum verwunderlich.
Beim kommerziellen Denic-Konkurrenten Afilias kann man sich ein bisschen Schadenfreude nicht verkneifen. Afilias hatte die Einführung von Umlaut-Domains mit der Endung .info schon mehrmals verschoben, weil man technische Probleme ausschließen wollte. Am 16. März gehen jetzt die .info Domains mit ä, ü und ö an den Start, den Rest der nach dem neuen IDN-Standard möglichen Sonderzeichen spart man sich bei Afilias zunächst - um Schwierigkeiten zu vermeiden. Für die Registrierung wird man ein anderes System verwenden, mit direkten Verbindungen zwischen dem Anbieter und den interessierten Providern, so der Afilias-Vorsitzende Philipp Grabensee. Das soll Pannen wie bei Denic von vornherein verhüten. Auch dort gibt es übrigens "Überlegungen, auf ein anderes System umzusteigen", gibt Sprecher Klaus Herzig zu.
Die erste Domain, die über den Ladentisch ging, ist übrigens "öko.de", bisher steht auf der entsprechenden Seite aber noch nichts. Benutzer von Microsofts Internet Explorer oder anderer, älterer Browser bekommen, wenn sie die Adresse ins Browserfenster eingeben, ohnehin eine Fehlermeldung: Der Explorer muss erst mit einem Plugin fit für die neuen IDN-Domainnamen gemacht werden. Alternative: Man kann die Adresse im so genannten Punycode eingeben, der auch für nicht IDN-fähige Software verständlich ist. Einen entsprechenden Konverter gibt es beim Österreichischen Domain-Verwalter nic.at. Aus Öko.de wird per Punycode zum Beispiel xn--ko-eka.de.